Ein Artikel von Gabi Banfield & Ingo Lindam
95 Dezibel Lärm.
Nein es ist keine Messung eines Presslufthammers oder einer Diskothek.
Es ist der städtische Laubsauger morgens um 7.00 Uhr. Zum Vergleich: In einer Diskothek sind es 100 dB, ein Auto verursacht zwischen 50 und 60 dB.
Wer mit dieser Errungenschaft modernster Grobtechnik noch keine Begegnung genossen hat: Ein Laubsauger bzw. -bläser ist also weniger ein panflötenähnliches Holzblasintrument, auf dem sanfte Aufwachmelodien intoniert werden, sondern ein benzin-motorgetriebenes Höllengebläse, dessen augenscheinlich menschlicher Bediener, gleich dem Schäferhund einer Schafherde, einer Ansammlung zu Boden gefallenen Laubs Einhalt gebietet.
Der eigentlich im ökologischen Kreislauf normale Prozess: fallendes Herbstlaub, welches in den Kreislauf der Natur zurückkehrt, um wertvollen Humus an den Boden zurückzugeben – für moderne Städte ein scheinbar bedrohlicher Zyklus.
Laut „Ratgeber Lärm“ des Umweltamtes der Stadt Dortmund zum Beispiel sind „Siedler-, Straßen- und Nachbarschaftsfeste im Freien schon mit Rücksicht auf die nicht teilnehmenden Nachbarn um 22.00 Uhr zu beenden und Musik darf nur so laut gespielt werden, dass Unbeteiligte nicht erheblich belästigt werden.“ Das ist wahrscheinlich ein gut gemeinter Ratschlag an die Bürger, um morgens fit zu sein, für das mit 2-Takt-Motor ausgestattete stinkende und lärmende Höllengerät.
Im Sondereinsatz „Laubräumkommando“ wird keine Mühe gescheut, kein Blatt geschont, kein Dezibel gespart und auch das letzte Blatt notfalls mit drei Laubbläsern viermal um den Block gejagt und letztendlich doch seiner Bestimmung, der Sammlung und dem Abtransport zugeführt. Die Uhrzeit ist mit Bedacht gewählt.
Zu dieser Zeit sind die Wohngebiete unserer Stadt noch ausreichend beparkt, um den meist in Rudeln auftretenden Laubblasfachkräften die Pustearbeit nicht gar zu eintönig werden zu lassen. Besonderes Glück genießt der Anwohner, der an einer Laubbaumallee wohnt, deren Fahrtrichtungen baulich getrennt sind und von einer Querstraße gekreuzt werden. Oberhalb der Kreuzung, rechts und links, je beide Fahrtrichtungen, dann das ganze unterhalb der Kreuzung sowie die kreuzende Querstraße selbst, ebenfalls in beide Fahrtrichtungen. Na, mitgezählt? Das wäre dann der erste Durchgang.
Ein paar Blätter sind dann sicher noch davongekommen oder inzwischen neu vom Baum gefallen, weil sie unbedingt dabei sein wollen. Einem wirklich exzellenten Laubblaskommando ist das mehr als Anlass genug für eine zweite Runde.
Ob mit oder ohne zweiten Durchgang: Sie sind am Ende dieser Dienstleistung definitiv wach. Und man kann absolut sicher sein: Die Städte sind hocheifrig mit der Lösung wirklich wichtiger Probleme der modernen Gesellschaft beschäftigt und auch Ihre Steuergelder werden sinnvoll und zum Wohle aller eingesetzt!